Samstag, 24. Januar 2009
 
Rechtsparteien gewinnen die Wahl PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Sonntag, 28. September 2008

Eine Koalition der Verlierer zeichnet sich nach den Nationalratswahlen vom Sonntag in Österreich ab.

Die SPÖ verlor zwar mehr als sechs Prozentpunkte, und landete auf einem historischen Tiefststand von 29,8 Prozent. Damit bleibt sie aber stärkste Kraft im Parlament. Denn die ÖVP sackte gar um neun Punkte auf 25,7 Prozent ab und unterbot damit auch ihr bisher schlechtestes Ergebnis von 1999. Eindeutiger Gewinner ist Heinz Christian Strache mit der FPÖ, die sich gegenüber 2006 fast verdoppeln konnte und mit 18 Prozent klar an dritter Stelle zu liegen kam. Verdreifacht hat sich der Zuspruch für Jörg Haiders BZÖ – bisher vier Prozent –, das fast elf Prozent erreichte. Ihr Wahlziel von 15 Prozent deutlich verfehlt haben dagegen die Grünen, die nicht nur ihren dritten Platz abgeben mussten, sondern wahrscheinlich auch hinter dem BZÖ zurückblieben. Der Traum von einer Regierungsbeteiligung ist damit zerplatzt.

Die Hochrechnungen sind mit dem kleinen Schönheitsfehler behaftet, dass zehn Prozent der Stimmen noch gar nicht eingetroffen sind. Mehr als eine halbe Million Wahlberechtigter hat von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht, die erst von der abtretenden Regierung eingeführt wurde. Alle Stimmen, die bis 6. Oktober bei der Wahlbehörde einlangen, werden berücksichtigt. Das eine oder andere Mandat könnte daher noch wandern. Doch an der Reihenfolge ist nicht mehr zu rütteln.

„Die Streitereien in der Bundespolitik sind abgewählt worden“, analysierte Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber, ÖVP, der über Koalitionsvarianten genauso wenig spekulieren wollte, wie über personelle Erneuerungen an der Spitze seiner Partei. ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon sprach sich dafür aus, dass der gescheiterte Spitzenkandidat Wilhelm Molterer bleiben solle. Für eine Erneuerung ist hingegen Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, der ein entschiedener Gegner der vorgezogenen Neuwahlen war und sich jetzt bestätigt sieht.

Faymann setzt darauf, dass die Niederlage in der ÖVP ein Köpferollen auslösen wird. Vizekanzler Wilhelm Molterer, der die Neuwahlen vom Zaun brach, ist gescheitert. Mit ihm dürfte auch sein Mentor und Vorgänger an der Parteispitze Wolfgang Schüssel zum Rückzug gedrängt werden. In den Startlöchern steht bereits Landwirtschaftsminister Josef Pröll, der vor kurzem seinen 40. Geburtstag feiert und noch vergleichsweise unverbraucht ist. Er stützt sich auf die mächtigen ÖVP-Landeshauptleute, allen voran sein Onkel Erwin Pröll, der in Niederösterreich mit absoluter Mehrheit regiert. Auch die Wirtschaftskammer unter dem konzilianten Christoph Leitl wartet schon ungeduldig auf die personelle Erneuerung.

SPÖ-Wahlkampfleiterin Doris Bures bekräftigte die Position ihrer Partei, dass es mit den Rechtsparteien auf keinen Fall eine Koalition geben werde. Da die Grünen zu schwach sind, um den Mehrheitsbeschaffer zu spielen, bleibt nur eine Neuauflage der großen Koalition, die in diesem Fall erstmals weniger als zwei Drittel der Mandate auf sich vereinigen würde.

Die Koalitionsverhandlungen dürften aber langwierig werden. Die ÖVP verstand schon den zweiten Platz vor zwei Jahren als peinliches Missverständnis der Wähler. Daß sie sich jetzt gleich als Juniorpartner in die Arme der SPÖ wirft, ist nicht zu erwarten. Eine Allianz mit den Rechten dürfte zumindest sondiert werden.

Sowohl in der FPÖ als auch im BZÖ steht man für diesen Fall Gewehr bei Fuß. FPÖ-Sprecher Herbert Kickl freute sich über „dieses blaue Wunder, von dem wir gesprochen haben“ und zeigte sich zuversichtlich, dass seine Partei jetzt umworben würde. Daß die beiden Rechtsparteien miteinander stärkste Kraft wären, sieht er nicht als Auftrag zur Wiedervereinigung: „Nicht jede Variante, die mathematisch machbar ist, auch eine politisch machbare Variante“. Ganz anders Jörg Haider, dem es gelungen ist, das BZÖ von einer Kärntner Sekte zu einer bundesweit ernstzunehmenden Kraft zu machen. Er würde die verfeindeten Bruderparteien lieber heute als morgen wieder verschmelzen.


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